Seismologie

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Global wave propagation model

Der Schwerpunkt der Forschungsaktivitäten der Seismologiegruppe liegt im Bereich der Computerseismologie. Damit gemeint ist die Entwicklung numerischer Verfahren zur Berechnung der seismischen Wellenausbreitung, Bruchprozessen, und tomographischer Verfahren, welche erlauben, die drei-dimensionale Charakter der Erdmodelle und der Wellenfelder zu berücksichtigen. Dazu gehören zum Beispiel die finite Differenzen Methode, pseudospektrale Verfahren, finite (spektrale) Elemente, und finite Volumen. Der Einsatz dieser numerischen Verfahren führt zu rechentechnisch aufwändigen Programmen, die zur Zeit nur durch Implementieren auf Höchstleistungsrechnern realistische Modellrechnungen erlauben. Dies bedeutet, dass – zusätzlich zur Standard-Programmentwicklung – auch eine Parallelisierung der Verfahren notwendig ist, welches mit dem sogenannten message passing Standard (MPI) durchgeführt wird.

Die zahlreichen Algorithmen, die entwickelt wurden, finden Anwendungen in fast allen Bereichen der Seismologie. Dazu gehören im Besonderen:

  • Die Berechnung von Erdbebenszenarien in seismische aktiven Regionen. Ziel ist es, für solche Regionen zuverlässige Berechnungen der Bodenbewegungen bei möglichen Erdbeben-szenarien durchzuführen. Voraussetzung dafür ist die Kenntnis der Krustenstruktur. Solche Berechnungen werden für das Kölner Becken, für Südkalifornien, und das Peking Becken durchgefüht.
  • In der globalen Seismologie müssen Wellenfelder für Kugelgeometrien simuliert werden. Mittlerweile ist es möglich, den ganzen Planeten in Volumenteile aufzugliedern und die Wellenausbreitung nach großen Erdbeben zu simulieren. Dies wird in den nächsten Jahren dazu führen, dass unser „tomographisches“ Bild des Erdinnern wesentlich schärfer wird, und wir die damit verknüpften dynamischen Prozesse des Erdinnern besser verstehen.
  • Simulationstechnologie spielt auch eine große Rolle beim Verständnis von Bruchprozessen, die sehr ungenügend verstanden sind, da Beobachtungen nahe der Zonen, in denen Erdbeben entstehen (ca. 10 km Tiefe bei Krustenbeben), nahezu unmöglich sind. Trotzdem kann man mögliche Bruchmechanismen simulieren und mit den an der Erdoberfläche gemessenen Daten vergleichen.
  • In der Vulkanseismologie wird die Simulationstechnik erlauben, die komplexe Natur der seismischen Quellen, der Topograhie und der Struktur zu modellieren und damit den Zustand des Vulkaninneren besser zu verstehen.

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Earthquakes in the Lower Rhine Embayment

Ein weiterer Schwerpunkt der Seismologiegruppe ist die Beobachtung und die Modellierung von Rotationsbewegungen, die durch Erdbeben hervorgerufen werden. Deren Beobachtung ist erst kürzlich durch den Einsatz von Ring-Laser-Technologie möglich geworden, und stellt damit eine neue Observable für die Seismologie dar.  

Die laufenden Forschungsprojekte in den verschiedenen Bereichen werden ergänzt durch das seismologische Obervatorium Fürstenfeldbruck, das Teil des weltweiten seismologischen Netzwerks (GSN) ist. Dazu wird ein modernes seismisches Netz in Bayern betrieben, welches erlaubt, seismische Aktivität im Staatsgebiet und den angrenzenden Regionen in Echtzeit zu beobachten und bei gespürten Beben die Bevölkerung und Behörden zu informieren. Dieses Netz registriert auch weltweite Beben, deren Daten in die internationalen Datenzentren einfließen.